Lüge und Wahrheit
10. November, 16 Uhr in der Christuskirche
Live-Hörspiel. Eine fiktive theologische Diskussion für drei Stimmen, vier Scheinwerfer und eine Orgel.
Wieder einmal ist die evangelische Kirchengemeinde Murnau dabei, wenn die Horváth-Gesellschaft alle drei Jahre zu den Horváth-Tagen ruft. Und so wurde auch in diesem Jahr wie in den letzten drei Programmen eigens dafür ein Projekt konzipiert. Ausgangspunkt war das Thema: Tanz auf dem Vulkan, die Anspielung auf die Zwanziger Jahre, wo Horváths erste Werke auf der Bühne und im Buchhandel erschienen. Die Parallelen zu heute sind auffallend, sie erschrecken auch. Horváths Kampf gegen Dummheit und Lüge ähnelt dem Kampf heute für Vernunft und Aufrichtigkeit.
1932 schreibt Horváth in seiner Gebrauchsanweisung für Schauspieler: "Ich habe kein anderes Ziel als die Demaskierung des Bewusstseins". Seine Helden werden ausgebeutet und gedemütigt, sie darben und leiden. Horváth nennt auch die Verursacher: Die Kapitalisten und die von ihnen geschaffenen Verhältnisse. Und Gott hat das nicht verhindert. Woher kommt das Gottbild von Horváth? Im Hörspiel "Lüge und Wahrheit" sollte die Antwort gefunden werden, im Aufriss des Gottbildes der christlichen Religionen. Vielfältig sind die theologischen Materialien, die dazu in das Hörspiel einfließen. Über den Inhalt war dann rasch auch die Form gefunden. Der Spielort Kirche, seine Empore, das Kruzifix, die Orgel. Der lange Weg der christlichen Wahrheit, er ist auch beim Gottsucher Horváth zu erkennen, führte zu Meyerbeers Oper über die Wiedertäufer und von da zu Franz Liszt und seinem großen Orgelwerk, seiner Fantasie und Fuge über den Chor der Wiedertäufer: Ad nos, ad salutarem undam. Mit den Theaterzeichen Licht und Raum wird so das Hörspiel sichtbar. Mit ihnen gewinnen seine Aussagen eine größere Intensität. Das erhoffte andere Gottbild soll das eigene Gottbild hinterfragen, zu einem anderen Verständnis von Horváth führen, die Wahrnehmung von Löge und Wahrheit verändern. Bei dem kleinen anschließenden Empfang wird es sicher viel Diskussionsstoff geben.
Dieter Kirsch